Aktuelles
2025-02-20
Widerspruch gegen den geplanten Teileinzug der Straße "Am Dorfteich" in Oberlichtenau
Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
in 2012 hat der cv-aktiv reiseDienst e.V. ein Teilstück der öffentlich gewidmeten Straße OS38 „Am Dorfteich“ von der Stadt Pulsnitz gekauft, um Vereinsgrundstücke zusammen zu führen. Dieser Teil der Straße war bereits seit Jahrzehnten nicht mehr befahrbar. Durch den Verkauf in 2012 wurde die Straße in zwei Flurstücke geteilt: 638/6 - Eigentümer cv-aktiv reiseDienst e.V. und 638/7 - Eigentümerin Stadt Pulsnitz.
2020 errichtete der cv-aktiv reiseDienst e.V. auf dem Flurstück 638/6 ein kleines Römisches Amphitheater aus Granit und eine Brunnenanlage aus Natursteinen. Es war ein genehmigungspflichtiges Bauvorhaben.
Im Genehmigungsprozess hat das Bauamt der Stadt Pulsnitz offenbar übersehen, dass sich das Bauwerk auf einer öffentlich gewidmeten Straße befindet. Deshalb hat unser Verein am 15.06.2021 den Antrag auf Teileinzug der Straße auf dem Flurstück 638/6 gestellt, um formal den Fehler der Stadt zu korrigieren.
Nunmehr ist die Stadt zu der Auffassung gekommen, den Einzug der Straße so zu erweitern, dass die Straße bis zur Hofeinfahrt „Am Dorfteich 3“ zu entwidmen sei.
Die Begründung der Stadt lautet:
a) Der einzuziehende Straßenabschnitt ist aus tatsächlichen Gründen nicht mehr befahr- und begehbar. Das ist korrekt und betrifft aber nur das Flurstück 638/6 vom cv-aktiv reiseDienst e.V.
b) Der einzuziehende Straßenabschnitt hat keine öffentlich rechtliche Erschließungsfunktion mehr.
Dies wird in Bezug auf das Flurstück 638/7 ausgesagt.
Dem stellen wir folgende Einwände entgegen:
Direkt am Flurstück 638/7 hat der cv-aktiv reiseDienst e.V. 2018 eine behindertengerechte Bushaltestelle errichtet. Diese war notwendig, weil der cv-aktiv reiseDienst e.V. seit 2005 einen Bibelgarten, später Bibelland, als Bildungseinrichtung betreibt und sämtliche Behinderteneinrichtungen unserer Umgebung unsere Anlage besuchen. Insgesamt konnten wir in den vergangen 20 Jahren rund 80.000 Besucher hier begrüßen. Aus demselben Grund hat der Verein in 2015 eine öffentlich zugängige barrierefreie Toilette errichtet, welche als einzige barrierefreie Toilette im ganzen Pulsnitztal mit Europaschlüssel immer zugängig ist. Die einzige barrierefreie Verbindung zu dieser Toilette, verläuft über die öffentlich gewidmete Straße.
Die UN Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die Deutschland im Jahre 2009 ratifizierte, hat die rechtlichen Rahmenbedingungen für Inklusion geschaffen. Inklusion funktioniert nicht ohne Barrierefreiheit. Denn wo Orte, Räume oder Kommunikationsmittel nicht barrierefrei sind, bleibt Teilhabe an kulturellem und politischem Leben, an der Arbeitswelt und in der Freizeit verwehrt. Barrierefreiheit heißt, dass Gebäude und öffentliche Plätze, Arbeitsstätten und Wohnungen, Verkehrsmittel und Gebrauchsmittel, Dienstleistungen, Bildungs- und Freizeitangebote so gestaltet werden, dass sie für alle und ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (vgl. §3ff Sächsisches Inklusionsgesetz)
Eine Straße kann eingezogen werden, wenn „überwiegend Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen“.
Der Ausschluss von Behinderten am Besuch unserer Einrichtung konterkariert das öffentliche Wohl und verstößt gegen das Sächsische Inklusionsgesetz.
Ergänzend tragen wir vor, dass die Stadt beabsichtigt, ein dinglich gesichertes Geh- und Fahrrecht auf der eingezogenen Straße wieder zu schaffen, um die Erreichbarkeit und Nutzung durch die Öffentlichkeit sicherzustellen. Der Unterschied zur öffentlich gewidmeten Straße ist jedoch, dass die Anlieger nunmehr die Haftung, die Instandsetzung des völlig heruntergekommenen Straßenabschnittes und die Instandhaltung der Straße selbst finanzieren sollen. Das heißt, die Stadt will die Verantwortung, welche im Inklusionsgsetz klar geregelt ist, auf Andere abwälzen.
Deshalb beantragen wir, die öffentliche Straße nur das Flurstück 638/6 betreffend, gemäß unseres Antrages vom 15.06.2021, einzuziehen.