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2011-10-12

Der Tempelbauer im Bibelgarten - Sächsische Zeitung (Kamenz)

Von Carolin Barth

Die Sanierung der alten Bibelgarten-Scheune startet. Prunkstück des neuen Museums hier wird ein Tempelnachbau aus Keramik. Das ist einzigartig.

Planerin Silke Hallmann aus Steina kümmerte sich darum, dass Fördergelder fließen. Das Schild dafür durfte sie an die Scheunenfassade schrauben.

Andreas Schaarschmidt hat sich viel vorgenommen. In den nächsten drei Jahren wird er in Israel arbeiten, auf dem Tempelberg, über den Dächern der Stadt Jerusalem. Jedenfalls in Gedanken. Koffer muss er für diese lange Reise nicht packen. Bisher bleibt es für den Pulsnitzer nur sehnlicher Wunsch, den Boden Israels einmal mit eigenen Füßen zu betreten. Andreas Schaarschmidt wird in der alten Bibelgarten-Scheune ein Modell des einstigen herodianischen Tempels samt Tempelplatz in Jerusalem errichten. Das mit seinen Händen geformte Relief im Maßstab 1:120 wird zehn Meter lang sein. Der Tempel wird als Zentrum daraus in die Höhe ragen.

Nachbau unterm Panorama

Das Modell aus Keramik wird das Herzstück der neuen Ausstellungshalle in der über 100 Jahre alten Scheune neben dem Oberlichtenauer Bibelgarten sein. Der Tempel, der im Jahre 70 vor Christus von den Römern zerstört wurde, wird im Modell originalgetreu aufgebaut. „Darüber wird ein Foto mit dem Blick vom Jerusalemer Ölberg aufgehangen, dies zeigt dann die heutige Ansicht“, so Bibelgarten-Chef Maik Förster. Auf einer Reise nach Israel im kommenden Februar wird er das Panorama fotografieren. Es wird anschließend auf eine riesige Stofffahne aufgezogen.Maik Förster will mit dem neuen Museum noch mehr Besucher anlocken, als wetterunabhängige Alternative zum Freilichtmuseum. Doch er will auch einen Bildungsauftrag erfüllen, über den Nahostkonflikt aufklären, über seine Ursprünge und seine Auswirkungen bis heute.

Bevor seine Visionen Wirklichkeit werden, muss die Scheune weiter saniert werden. Gestern war offizieller Baustart. Die Fördergelder aus einem europäischen Fonds sind bewilligt, die Baugenehmigung liegt vor. Im vergangenen Jahr kaufte der Verein cv-aktiv die Scheune, die zusehends verfiel, von einem Münchner Investor. Die Verhandlungen waren zäh, doch Maik Förster blieb hartnäckig dran, um einen Schandfleck in der Oberlichtenauer Ortsmitte zu beseitigen. Mitarbeiter des Vereins haben das Gebäude bereits entkernt und acht Tonnen Müll herausgetragen und von Unkraut zugewucherte Fenster freigelegt. Sie haben das riesige Dach, in dem ein 24 Quadratmeter großes Loch klaffte, notdürftig repariert und das alte Mauerwerk wieder freigelegt. Nun geht die Sanierung in die nächste Runde. 31 000 Euro Fördergelder fließen in neue Fenster und Türen. Außerdem erhält die Fassade einen neuen Anstrich. Unebenheiten des Fußbodens werden behoben und anschließend wird er gepflastert.

Der vordere Milchhof sowie der hintere Bereich der Scheune, der als Garage und Werkstatt genutzt wird, werden allein mit Geldern des Vereins in Schuss gebracht. Von Försters Vorhaben war auch das Landratsamt begeistert. Unter dem offiziellen Namen „Projektentwicklung Tempelmodell für den Bibelgarten“ wird dem 55-jährigen Andreas Schaarschmidt für die nächsten drei Jahre eine neue berufliche Perspektive ermöglicht und eine Stelle gefördert. Seit 1. Oktober ist er für 30 Stunden in der Woche hier tätig, um das ehrgeizige Vorhaben aus Keramik zu verwirklichen. Dafür gibt es eine Bedingung: In den nächsten vier Monaten muss er eine schriftliche Prokjektpräsentation erarbeiten. Erst wenn diese überzeugt, darf er bleiben.

Über die Schulter schauen

Derzeit recherchiert er die bewegte Geschichte des einstigen Tempels, sucht Baupläne und Zeichnungen, befragt Experten weltweit. Unter anderem Mitarbeiter des Israel-Museums. Riesig sei der Bau gewesen, sagt er. Bis heute ist der Komplex, in dessen Mitte heute der goldene Felsendom steht, beeindruckend. „Allein die Ostmauer davor ist fast 500 Meter lang.“ Jeden ihrer tonnenschweren Steine wird er später in Miniatur formen. Auf diese praktische Arbeit freut sich Andreas Schaarschmidt. „Ich habe als Meister Erfahrung im Bau und kann recht gut töpfern.“ So sei er der geeignete Mann für den außergewöhnlichen Job. Sein Modell entsteht aus Gasbeton und wird mit Keramik überzogen. So etwas gäbe es bislang nirgends, sagt Maik Förster. Noch in diesem Jahr sollen Besucher die Scheune entdecken und dem Tempelbauer Andreas Schaarschmidt über die Schulter schauen können. Vielleicht packt er irgendwann seine Koffer, um sein Modell live zu sehen, vom Jerusalemer Ölberg aus. Das Reisebüro ist gleich nebenan.
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